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SST245 – Vaginismus verstehen und heilen – Interview mit Sabine Schmidt
Vaginismus ist ein Thema, das überraschend viele Frauen betrifft. (Auch wenn sehr wenige darüber sprechen.) Aus diesem Grund habe ich mit Sexualtherapeutin Sabine Schmidt gesprochen. Sie hat dem Thema Vaginismus sogar ein Buch gewidmet und weiß einiges über Gründe – und Heilchancen – von Vaginismus.
‚Wenn der Körper Nein sagt‘
Sabine Schmidt arbeitet seit mittlerweile 17 Jahren als biodynmische Körperpsychotherapeutin und Sexualtherapeutin in Stuttgart. Sie hat dementsprechend schon mit unglaublich vielen betroffenen Frauen gearbeitet und sie bei der Heilung von Vaginismus begleitet. Vaginismus sieht sie als körperliches aber auch als emotionales Phänomen. Er entsteht, wenn die Muskeln von Beckenboden, Vagina und teilweise auch Oberschenkeln sehr angespannt sind und sich, sobald etwas in die Vagina eindringen soll, fast krampfartig ‚verschließen‘. So kann bei vielen Frauen weder ein Tampon, noch ein Finger, noch Sexspielzeug oder ein Penis in die Vagina eingeführt werden. Der Körper bzw. die Psyche sagen: ‚Nein!‘
Unterschiedliche Symptome und Ursachen
Man unterscheidet in der Diagnose den primären und den sekundären Vaginismus. Der primäre Vaginismus fällt vielen Frauen bereits in der Pubertät auf. Beispielsweise dann, wenn sie merken, dass sie keinen Tampon in die Vagina einführen können bzw. bei den ersten Sexualkontakten die Vagina ‚zu‘ bleibt. Der sekundäre Vaginismus entsteht hingegen erst später im Leben durch unterschiedliche Ursachen. Hier haben die Frauen schon die Erfahrung von guter Sexualität gemacht, die jedoch plötzlich nicht mehr funktioniert. In den wenigsten Fällen sind hier große Traumata wie beispielsweise ein sexueller Missbrauch der Auslöser. Häufig sind es eher emotionale Gründe wie beispielsweise das Fremdgehen des Partners – und der Körper signalisiert plötzlich: ‚Hier darfst du nicht mehr rein!‘ Oder es wurde nach einer Blasenentzündung zu früh versucht, wieder Sex zu haben, und die Vagina war damit noch überfordert.
Behandlung auf körperlicher und emotionaler Ebene
Um die eigene Symptomatik zu verstehen und zu heilen braucht es deshalb: 1. Geduld und 2. einen möglichst ganzheitlichen Ansatz. Das bedeutet, eine Behandlung sowohl auf körperlicher wie auch auf emotionaler Ebene. Rein körperlich kann beispielsweise mit Dilatoren gearbeitet werden. Diese sind Dehnungsstäbe aus Silikon, die es in 5 verschiedenen Größen gibt. (Von fingerdick bis penisdick.) Die Dilatoren können Schritt für Schritt in die Vagina eingeführt werden, um dem Körper zu signalisieren: ‚Es passiert dir nichts! Es tut nicht weh!‘ Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Dehnungsübungen für den Beckenboden und die umliegende Muskulatur, die dabei helfen, die Vagina zu entspannen und dadurch das Öffnen zu erleichtern. Parallel zu diesen körperlichen Ansätzen arbeitet Sabine Schmidt immer auch in therapeutischem Kontext auf emotionaler Ebene. Gemeinsam mit ihren Klientinnen untersucht sie: Was könnten die Ursachen sein? Wovor besteht eine große Angst? Gab es einzelne Erlebnisse – etwa in der Kindheit -, die ein Trauma ausgelöst haben?
Heilung im eigenen Tempo
Eine Behandlung bei Vaginismus erfordert Zeit und Geduld. Gerade im Falle von primärem Vaginismus, wenn der Körper noch keine anderen Erfahrungen abgespeichert hat, ist es manchmal ein längerer Weg. Doch Vaginismus ist definitiv heilbar. Wichtig für den eigenen Heilungsweg ist: ein unterstützendes Umfeld. Viele Fräuenärzt*innen sind, was das Thema Vaginismus betrifft, leider immer noch ungenügend informiert. So fällt es betroffenen Frauen häufig schwer, sich überhaupt zu trauen, eine*n Frauenärtz*in aufzusuchen. Sabine Schmidt empfiehlt hier, einfach mal unverbindlich in ein paar Ordinationen anzurufen und nachzufragen. So bekommen Klientinnen schon einen guten ersten Eindruck übers Telefon und können entscheiden, ob sie sich hier potentiell wohl und verstanden fühlen oder nicht. Auch ist es kein Muss, sich gleich beim ersten Besuch untersuchen zu lassen. Man könne sich auch einfach erstmal herantasten und sich beispielsweise voll angezogen auf den Untersuchungsstuhl setzen.
Vaginismus: Wie können Männer unterstützen?
Doch nicht nur medizinisch und therapeutisch sind die richtigen Begleiter*innen wichtig. Gerade bei Frauen, die in einer Partnerschaft leben, kann es viel Entspannung bringen, wenn die eigenen Partner versuchen, die Symptome zu verstehen. Ein Lesen von Sabine Schmidts Buch kann beispielsweise auch für Männer viele Erkenntnisse bringen und den Umgang mit dem Thema erleichtern. Wichtig am Heilungsweg ist auch das Wissen: Wir können Sexualität auch auf anderen Ebenen leben. Und zwar sowohl als Paar als auch alleine. Hier ist die Beschäftigung mit dem eigenen Körper ein zentraler Aspekt: Welche Berührungen tun mir gut? Was kann ich genießen? Wie möchte ich von dir berührt werden? Wie fühlt es sich an, wenn ich mich selbst berühre? Den Zugang zur eigenen Lust (wieder) zu finden ist laut Sabine Schmidt ein wichtiges Puzzlestück, um Vaginismus Schritt für Schritt zu heilen.
Wenn du selbst von Vaginismus betroffen bist: Hol dir Sabines Buch oder kontaktiere sie für eine persönliche Therapiesitzung!
Buch: ‚Wenn der Körper Nein sagt‘ – erschienen im Innenwelt-Verlag
Kontakt: www.schmidt-therapie.de – Praxis Stuttgart
Ich wünsche dir viel Geduld und Erfolg auf deinem Heilungsweg und schicke dir eine feste Umarmung
deine Kathrin ❤️
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